Es wird behauptet, das Agnesbrünnl wäre kein alter, heidnischer Kultort gewesen. Behaupten kann man vieles. Es sei kein Kultort der germanischen Göttin Freya gewesen, wird erklärt. Ih glaube das auch nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass es ein keltischer Kultort gewesen sein könnte. Die Kelten haben in Österreich nämlich viele Spuren hinterlassen.
Die Quelle befindet sich mitten im Wald und ist deshalb schwer zugänglich. Kirche wurde keine daneben errichtet, was vielleicht wirklich dafür spricht, dass sie erst zu späterer Zeit verehrt wurde. Andererseits konnte man dort auch keine Kirche einfach so hin bauen. Es spricht aber schon einiges dafür, dass es sich um einen alten Kultort der Kelten handeln könnte. Vor allem weil es viele Sagen gibt, die an diesem Ort spielen und dass die Menschen auch in späterer Zeit noch glaubten, dort würden böse Geister ihr Unwesen treiben. Eine Drachenhöhle soll sich dort auch befunden haben. Nur weil die Christen erst spät diesen Kultort für sich in Anspruch genommen haben, bedeutet das nicht, dass er nicht schon in vorchristlicher Zeit existiert hat.
Drachen sind eine beliebte Spezies, vor denen Menschen sich gefürchtet haben. Wir wissen heute, es gab niemals Drachen. Aber es gab Saurier. So wie wir heute diese versteinerten Knochen ausgraben, werden das auch schon frühere Generationen getan haben. Für sie waren es Beweise dafür, dass es Drachen und Riesen gegeben haben muss. Vielleicht wurden in dieser Gegend irgendwann einmal Saurierknochen gefunden. Bis vor 13 Millionen Jahren war die Gegend um Wien eine Küstenlandschaft. Die heutigen Berge waren Inseln. Man findet versteinerte Muscheln in manchen Gegenden Wiens an der Oberfläche. Das Meer endete dort, wo heute der 23. Bezirk ist. In Mauer.
Behauptet wurde, der Brunnen wäre nach der heiligen Agnes benannt. Es gibt aber auch eine Sage, die den Namen "Agnes Brünnl" anders erklärt.Deshalb glaubt man, der Brunnen sei erst spät verehrt worden.
Neben dem Brunnen wuchs eine uralte Eiche. Ein Köhler wollte sie fällen. Da hörte er aus dem Baum eine Stimme. Es war die Stimme eines Mädchens, welches Agnes hieß. Der Mann nahm das Kind mit nach Hause und zog es gemeinsam mit seiner Frau auf. Jeder Gegenstand den Agnes berührte, verwandelte sich in Gold. So wurden sie reich, bauten ein Schloss und lebten glücklich. Der Sohn ging weg, kam nach langer Zeit wieder und wollte Agnes heiraten. Sie erkannte ihn nicht. "Ich will verdammt sein, wenn das mein Karl ist!", rief sie. Da verschwand das Schloss, die Leute vermutlich auch. Agnes und Karl ziehen noch immer durch den Wald und verschenken Goldmünzen.
Eine schöne Geschichte, die sehr deutlich macht, worum es geht. Nur eine Göttin kann profane Gegenstände in Gold verwandeln. Sie wohnt ganz alleine in einem Baum. Wer macht das denn noch? Wenn ihr jemand hilft, wird er reichlich belohnt. Das ist also ein heiliger Baum, neben einer heiligen Quelle. Eindeutige Hinweise auf einen Kultplatz der Kelten.
Geschichten haben es an sich, Jahrtausende zu überstehen, im Gegensatz zu Häusern und Kirchen. Sagen und Märchen werden immer wieder verändert, aber der Kern bleibt doch meistens erkennbar.
Man wird sicher nichts mehr dort finden, was auf einen Kultplatz hindeutet, weil die Quelle selbst dieser heilige Ort ist. Der Baum existiert natürlich nicht mehr und Steine gibt es dort sowieso genug. In dieser Gegend lebten Kelten und auch wenn sie ausgestorben sind, bleiben ihre Geschichten und Mythen erhalten, so wie auch ihre Gene.
Man weiß nicht sehr viel über diese Gegend. Man glaubt, es habe dort einen Ort, vielleicht ein Dorf, gegeben, der einfach verschwunden ist. Dieser Ort habe Chogelbrunn geheißen und sei im 15. Jahrhundert verschwunden. Dem widerspricht jedoch Albert Starzer und meint, es habe dort nie eine Ortschaft gegeben. Starzer ging von der älteren Lokalisierung ab und neigte dazu, Chogelbrunn mit Kollnbrunn bei Pyrawarth (Viertel unter dem Mannhartsberg) zu identifizieren; seiner Meinung nach gab es im Mittelalter am Hermannskogel zwar Weingärten, aber keine Ortschaft auf der Jägerwiese. https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Chogelbrunn Bitte wieso soll ein ansehnlicher Ort plötzlich sang und klanglos verschwinden? Das gibt es nicht. Wenn man nicht einmal weiß, ob es dort einen Ort gegeben hat, wie will man dann wissen, ob und von wem, die Quelle kultisch verehrt wurde? Man weiß es nicht und deshalb kann man es auch nicht abstreiten. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass dort einmal Menschen Häuser gebaut haben sollen. Erstens würde man doch noch Spuren davon finden und zweitens befindet sich direkt neben dem Brunnen ein ziemlich beeindruckender Abhang. Da will niemand wohnen. Vielleicht wollte dort auch nie jemand wohnen, weil es dort böse Geister gegeben haben soll.
Benannt wurde der Brunnen also angeblich nach der heiligen Agnes, was jedoch erst später der Fall gewesen sein dürfte, den vorher hieß er angeblich Kogelbrünnl. Wer hat ihm denn den Namen Agnes verpasst und wann? Was man auch nicht wirklich weiß. Heilige Agnes klingt natürlich gleich besser und unterstellt, dass man es mit einem wundertätigen, heilenden Wasser zu tun hat. Da die heilige Agnes die Schutzpatronin der Jungfrauen ist, zog es vor allem Frauen zu ihm hin. Die Menschen pilgerten hin und sahen angeblich sogar die Lottozahlen auf dem Grund des Brunnens. Wahrsagerinnen traten auf, die Zukunft wurde vorher gesagt. Was alles weniger christlich-religiösen Ursprungs sein dürfte. Die Menschen trieben es dort zu bunt. Zumindest in den Augen des Gesetzes. Deshalb wurde der Brunnen irgendwann einfach zugeschüttet. Der Baum der beim Brunnen stand, wurde gefällt. Der Kampf der organisierten Religion gegen den sogenannten Aberglauben fand seinen Höhepunkt. Doch die alten Göttinnen und Götter lassen sich nicht so einfach vertreiben. Jetzt ist er wieder frei gelegt worden. Man hat ihn eingefasst und es gibt wieder Menschen, die zu ihm pilgern. Sie hängen kleine Stofffetzen an die Zweige und wünschen sich etwas. Ob die Wünsche in Erfüllung gehen? Wäre interessant, einmal nach zu fragen.
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