Einst träumte Dschuang Dschou, daß er ein Schmetterling sei, ein flatternder Schmetterling, der sich wohl und glücklich fühlte und nichts wusste von Dschuang Dschou. Plötzlich wachte er auf: da war er wieder wirklich und wahrhaftig Dschuang Dschou. Nun weiß ich nicht, ob Dschuang Dschou geträumt hat, dass er ein Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hat, dass er Dschuang Dschou sei, obwohl doch zwischen Dschuang Dschou und dem Schmetterling sicher ein Unterschied ist. So ist es mit der Wandlung der Dinge.
Dschuang Dsi (Zhuangzi)
Was ist nun Illusion und was Realität? Wenn wir träumen, halten wir für real, was wir träumen. Aber ist es das wirklich? Ich denke: Ja, es ist wirklich. Genauso wirklich, oder unwirklich wie unser "reales" Leben. Das erkläre ich in meiner Traumstudie.
Dschuang Dschou weiß also nicht was real ist und was Illusion. Weil er zwei Realitäten abwechselnd erlebt. Zwei Realitäten, die scheinbar nichts miteinander gemeinsam haben.
Auch mit dem "Schleier der Maya" ist das so eine Sache. Das kann man sehr leicht falsch verstehen. Wir wissen nicht, ob wir es richtig verstehen. Ist der Schleier der Maya nun etwas, hinter dem sich eine andere Wirklichkeit verbirgt, als diejenige, die wir zu erleben glauben? Oder verbirgt sich hinter dem Schleier gar nichts, wie Strindberg es in einem seiner letzten Stücke ausdrückt? Offensichtlich hat er Schopenhauer gelesen und kam deshalb zu dieser Erkenntnis.
Ich habe Schopenhauer nicht gelesen und wie das Stück endete, wusste ich nicht (mehr), bevor ich sehr lange nach meiner Erinnerung (Strindberg gewesen zu sein) über dieses Stück etwas las. Jetzt gerade - während ich diesen Artikel verfasse - las ich kurz einige Zeilen von Schopenhauer, weil ich mehr über den "Schleier der Maya" wissen wollte und so zu diesem Link verwiesen wurde. Einfach nur, weil ich auf die Idee kam, über meine Beschäftigung mit der Frage, ob alles nur Illusion sei, zu schreiben.
Was ich las, war auch eine Antwort in anderer Hinsicht. Was hat er geschrieben?
"Es ist nicht mehr das wechselnde Wohl und Wehe seiner Person, was er im Auge hat, wie dies bei dem noch im Egoismus befangenen Menschen der Fall ist; sondern, da er das principium individuationis durchschaut, liegt ihm alles gleich nahe. Er erkennt das Ganze, fasst das Wesen desselben auf, und findet es in einem steten Vergehen, nichtigem Streben, innerem Widerstreit und beständigem Leiden begriffen, sieht, wohin er auch blickt, die leidende Menschheit und die leidende Thierheit, und eine hinschwindende Welt." https://www.arthur-schopenhauer-studienkreis.de/Vedanta-Maya/vedanta-maya.html
Da habe ich genau das gefunden, was mich "seit immer" quält. Nur hätte ich es nie so ausgedrückt. Das Mitleid mit anderen Lebewesen. Wieder ein seltsamer Zufall, der mich offen sichtlich genau in die Richtung zu führen versucht, in die ich gehen möchte.
Philosophie ist nicht mein Ding. Deshalb habe ich auch nichts von Philosophen gelesen, außer ein Buch von Kierkegaard und das nur, weil wir es "zufällig" in der Buchhandlung hatten, in der ich arbeitete. Es stand zwischen vielen anderen Büchern, die ich ignorierte. Aus einem mir unbekannten Grund zog ich es einmal heraus und las es von Anfang bis Ende. Strindberg hatte als Student eine Arbeit über Kierkegaard geschrieben. Also besteht eine gewisse Übereinstimmung zwischen seinem und meinem Leben. Unter "Ein Vergleich zwischen zwei Leben" habe ich bereits viele Übereinstimmungen zwischen dem Leben Strindbergs und dem meinen aufgelistet. Darunter sind viele unglaublich eigenartige Übereinstimmungen, welche sich schwer erklären lassen. Alles was ich schreibe kann ich leider nicht beweisen, doch sogar die beweisbaren Übereinstimmungen würden genügen, um doch zum Nachdenken anzuregen.
Wer liest bei uns schon Kierkegaard? In welcher Buchhandlung findet man etwas von ihm? Ich habe nicht studiert, schon gar nicht Philosophie, habe sonst keine Philosophen gelesen (Es sei denn man rechnet Stirner & Co. zu den Philosophen, was ich eher nicht tue. Den las ich auch nicht freiwillig.) Jemand der ernsthaft und ohne ideologische Brille aufzusetzen, eine mathematische Wahrscheinlichkeitsrechnung bezüglich der vielen Parallelen macht, wird mit Sicherheit nicht mehr daran zweifeln, dass blinder Zufall unmöglich dafür verantwortlich sein kann.
Angenommen ich habe Recht mit meiner Theorie und es ist kein Zufall, gerade in dieser Buchhandlung zu arbeiten, in welcher gerade dieses eine Buch von Kierkegaard vergammelte. Dann muss es so etwas wie einen Plan geben, den wir zu erfüllen versuchen. Oder was wir zu erleben glauben (in diesem Fall nur ich, denn dann wäre ja niemand anderer um mich herum), ist reine Illusion.
An dieser Stelle wird vielleicht klar, worum es mir eigentlich geht. Nicht bloß nur um den Beweis, in einem früheren Leben eine bestimmte Person gewesen zu sein. Vielmehr geht es mir um ein tieferes Verständnis dessen was, bzw. wer ich bin. Es fällt mir schwer nicht zu wünschen, es möge so, oder so sein. Denn der Wunsch, alles möge nur Illusion sein, drängt sich immer stärker in mein Bewusstsein. Warum dieser Wunsch? Weil ich genauso denke, wie Schopenhauer es ausdrückte. Denn wenn alles nur eine Illusion ist, gibt es kein Leid. Dann leide nur ich.
Strindberg glaubte, unter dem Schleier der Maya verberge sich nichts. Das bedeutet, alles wäre bloß Illusion. Er litt wie Schopenhauer unter der Grausamkeit der Welt. Da ist die illusionäre Natur ein Trost.
Angenommen ich habe Recht mit meiner Theorie und alle Übereinstimmungen sind kein Zufall. Dann muss es doch immer zwei Partner für jede Übereinstimmung geben. Mindestens!
Irgendwann muss jemand auf die Idee gekommen sein, das Werk von Kierkegaard zu bestellen. Das Exemplar hatte schon bessere Zeiten gesehen, als ich es aus dem Regal fischte, so wie es sich präsentierte. Vermutlich stand es schon seit Jahren im Regal, aber niemand hatte es gekauft. Offensichtlich interessierte sich niemand für diesen Philosophen. Da kommen schon zwei Elemente zusammen, denn auch das nicht gekauft werden, muss man berücksichtigen, weil das Buch sonst ja nicht mehr da gewesen wäre, als ich dort gearbeitet hatte.
Ich hatte mich nicht aus eigenem dazu entschlossen eine Buchhandelslehre zu machen. Man hatte mich getestet und erklärt, ich solle mir aussuchen: Buchhandel, oder Fotohandel. Beides hätte mich interessiert. Vorstellen konnte ich mir darunter nichts, weil ich bis dahin weder in einer Buchhandlung, noch in einer Fotohandlung gewesen war. Nahm ich halt die Buchhandlung. Schon damals lebte ich fast wie auf der Alm.
Man musste eine Aufnahmeprüfung machen. Normalerweise kamen Jugendlich dazu, die schon einen Job gefunden hatten. Ich hatte keinen. Der Prüfer suchte einen Lehrling und weil ich noch keinen Job hatte, nahm er mich. So einfach war das und doch so ungeheuer kompliziert, rechnet man sich aus wie hoch die Chancen sind, dass alle diese Elemente zusammen kommen müssen, damit das Ganze dann passt.
Berechnet man nun alle von mir bisher aufgelisteten (es gibt aber noch viel mehr davon) Übereinstimmungen, kommen unzählige Details zusammen, die zusammen spielen müssen. Ich finde sogar die kleinen, wenig spektakulären, viel aussagekräftiger als die wichtigen. Sie beeindrucken mich mehr.
Die einfachere Erklärung wäre wohl, es ist alles nur eine Illusion. Dann ließe sich alles leicht in Einklang bringen. Schwieriger ist die andere Erklärung: es handelt sich um einen höheren Plan. Es wäre sehr schwierig, das genauer zu begreifen. Ich denke, dann müsste alles mit allem eng verwoben sein. Wäre ich alleine und würde ich diese Realität für mich selbst erleben, könnte man einen solchen Plan noch relativ leicht verstehen. Doch sobald alle anderen Lebewesen hinzu kommen, also auch real sind, wird es unverständlich. Dann hätten wir keinen freien Willen, alles wäre bis ins kleinste Detail determiniert. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wären die Illusion. Alles wäre gleichzeitig. Wie ein fertig gemaltes Bild, das wir betrachten. Statisch, unveränderlich.
Sollte jedoch die Gegenwart die Reaktion auf die Vergangenheit sein, müsste sich jedes Lebewesen, sogar jede Materie, gleichzeitig passend verändern, um auf diese Weise zusammen spielen zu können. Um das obige Beispiel weiter auszuführen: Mein Chef müsste in seiner Vergangenheit eine Ursache für seine Handlungen haben, welche ihn dazu trieb, genau dieses Buch auf Lager zu legen. Alle potentiellen Kunden müssten in ihrer Vergangenheit eine Ursache haben, die es ihnen unmöglich gemacht hat, dieses Buch zu kaufen. Diese Überlegungen ließen sich fast endlos fortsetzen.
Unser Problem - oder mein Problem - ist, dass alles real wirkt. Das Leben und der Traum. Nur gibt es etwas, das nicht jeder Mensch und jede Menschin ;) erlebt: eine Vision. Visionen wirken noch realer als das Leben. Als gäbe es keinen Zwei-fel, während die "normale Realität" ganz und gar nicht zwei-felsfrei ist.
Visionen brauchen keine Logik. Sie überzeugen einfach so. Nur der Verstand braucht sie, dazu ist er da. Kann der Verstand überhaupt das Rätsel lösen? Oder ist er dazu nicht imstande. Weil ihm die nötigen Informationen fehlen? Oder weil er begrenzt ist?
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